![Am 13. Oktober 1973 kam der damalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) an den Osdorfer Born, um die dortigen Genossen während des Bürgerschaftswahlkampf zu unterstützen. Der Kanzler wollte das Großprojekt der Hamburgischen Wohnungspolitik begutachten und mit den Menschen vor Ort sprechen. Von links: Willy Brandt, Peter Schulz, von 1971 bis 1974 Bürgermeister, Bodo Schümann (SPD), damals Pastor am Osdorfer Born und Bürgerschaftskandidat. Ganz links: Günter Guillaume, der 1974 als DDR-Spion enttarnt wurde.]()
Von Reinhard Schwarz, Osdorfer Born
Als Willy Brandt zum Immenbusch kam, wollte er erfahren, wie es den Menschen am
Osdorfer Born geht. Deshalb saß der legendäre Bundeskanzler im Wohnzimmersessel der Familie Wenzlaff. Allerdings nicht allein, ein ganzer Tross von Fotografen und offiziellen Begleitern drängte sich ebenfalls um den Wohnzimmertisch in der penibel aufgeräumten 90-Quadratmeter-Wohnung.
„Ich habe heute einiges hinzugelernt“, sagte Brandt nach seinem Born-Besuch in Begleitung des Genossen und Bürgermeisters Peter Schulz am Sonnabend, 13. Oktober, 1973.
Im kurz zuvor eingeweihten Gemeindezentrum, in dem heute das Klick-Kindermuseum untergebracht ist, begrüßten Brandt und Schulz nach dem Besuch bei Ehepaar Wenzlaff und einer gemeinsamen Tasse Kaffee mit Senioren des August-Kirch-Altersheims am Achtern Born schließlich rund 1.500 Borner. „Besonders am Herzen liegen mir die Kinder“, sagte Brandt bei seiner kurzen Ansprache. Ein Neunjähriger entgegnete: „Mir geht es gut, Herr Bundeskanzler!“
Obwohl der Junge die Lacher auf seiner Seite hatte, gab es große Probleme unter den damals 17.000 Bewohnern, von denen auch der legendäre Sozialdemokrat gehört hatte. „Wegen der vielen jungen Familien platzte die Siedlung aus allen Nähten. Es fehlte an Kindergartenplätzen und Spielmöglichkeiten“, erinnert sich Dietrich Ellger, 77, der als ehemaliger SPD-Bürgerschaftsabgeordneter auch in der Maria-Magdalena-Kirchengemeinde aktiv war.
„Es gab viel Kleinkriminalität: Wenn der HSV verloren hatte, musste häufig der Glaser anrücken, weil die Eingangstüren aus Wut zertreten wurden“, sagt Kay Mordhorst, von 1970 bis 1978 Pastor im Stadtteil.
Die Sicherheitsberater des Kanzlers rieten sogar von einem Besuch in den Hochhausschluchten ab, erinnert sich Bodo Schümann, ebenfalls Sozialdemokrat und Pastor am Born: „Die wollten das nicht. ,Die werden den Bundeskanzler ermorden’, befürchteten sie.“ Doch es kam anders. „Die Leute standen auf den Balkonen und riefen...